Tuesday, September 12, 2006

 

Großbritannien im "Krieg gegen 'Terror'"

Menschenrechte – ein gebrochenes Versprechen

In Europe nach dem Zweiten Weltkrieg und nach den Jahren der Gewaltherrschaften strebten Regierungen und Nicht-Regierungs-Organisationen mühsam an, die Unverletzlichkeit der Würde der Person in Staat und Gesellschaft zu verankern: Gewalt anwenden darf die Polizei beispielsweise nur gemäß sehr strengen Regeln und unter gründlicher Konrolle, erst recht bei Waffengebrauch. Auch das Recht, einem Richter vorgeführt zu werden, das habeas corpus, gilt unbedingt.

Der ausdrückliche Verzicht der IRA in Nordirland, weiter mit Gewalt ihre Ziele zu verfolgen, geschah aufgrund ehrlicher Bemühungen seitens der britischen Regierung, für die eigene Polizei und in der Rechtsprechung jene unumstößlichen Gesetze wirksam zu machen.

Leider hat die Regierung unter Tony Blair aus diesen erfolgreichen ernsthaft und rechtgemäß angewandten Methoden offenbar nichts gelernt.

Unter dem von der US-amerikanischen Bush Regierung als Antwort auf die Verbrechen vom 11. September 2001 erklärten "Krieg gegen 'Terror'" verüben Staaten, Oppositionsgruppen und Individuen mit Duldung der Machthaber fortgesetzt weltweit schwere Menschenrechtsverstöße. Großbritannien ist dabei.

Amnesty International setzt sich ein für Opfer von Gewalt (willkürlicher Gewalt ausgeführt oder geduldet von Staaten oder Oppositionsgruppen) und für die Unverletzlichkeit der Menschenwürde einer jeden Person. Diese international Menschenrechtsorganisation recherchiert und dokumentiert auch die Folgen des "Kriegs gegen 'Terror'" für Individuen und ganze Gemeinschaften.

Welche Rolle im "Krieg gegen 'Terror'" nimmt Großbritannien ein?
Wir sollten dies wissen und uns um die Opfer kümmern.

Die Verstöße gegen Menschenrechte im "Krieg gegen Terror" lassen sich in Großbritannien in vier Hauptgebiete aufteilen:

Im Januar 2005 kamen die letzten vier britischen Staatsbürger frei. Es sind immer noch acht Bürger mit britischer Aufenthaltserlaubnis in Guantánamo. In der Überstellung an die US-Behörden von zweien unter ihnen, von Bisher-al-Rawi und Jamil Al-Banna, waren britische Behörden verwickelt. Bisher hat die Regierung keine erklärten Schritte unternommen, sich um die Rückkehr dieser Menschen zu bemühen. Die britische Regierung hat bislang auch keinem Opfer von Guantánamo Wiedergutmachung angetragen.

Die britische Regierung schiebt gemäß des "Gesetzes zur Verhütung von Terror" (Prevention of Terrorism Act 2005, PTA) weiterhin Personen im Namen des "Kriegs gegen ‘Terror’" ab. Dies geschieht unter Begründung "nationaler Sicherheit" unter Aufsicht der "Besonderen Immigrations Appell Kommission" (Special Immigration Appeal Commission, SIAC). Abschiebungen von sogenannten "als internationale Terroristen Verdächtigte" geschiehen auch in Länder, die bekannt Folter anwenden, wie Algerien. Die britische Regierung gibt sich mit "diplomatischen Zusicherungen" (Memorandum of Understanding, MoU) zufrieden, was ihrer rechtlichen Pflicht nicht genügt und was kein hinreichender Schutz für die Betroffenen ist.

Zwei algerische Männer, genannt "V" und "I", litten dermaßen unter dem Kontrollgesetz (contol order) in Großbritannien, dass sie ihre Appelle gegen Abschiebung aufgaben. (Ein Richter des Hohen Gerichs von England und Wales (High Court of England and Wales) urteilte am 28. Juli 2006, dass control orders gegen Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtscharta verstoßen und befand, dass die Haftbedingungen ungleich härter sind als jene öffentlicher Gefängnisse). "V" und "I" wurden im Juni 2005 nach Algerien ausgeliefert und verbrachten fünf, resp. sechs Tage in algerischer Haft, inkommunikado, über deren Bedingungen beide sich bei der Entlassung gegenüber Amnesty International zu äußern weigerten.

Drei anderen Algeriern, genannt "A", "G" und "H", die bisher unter control order interniert gewesen waren, droht weiterhin Abschiebung. Ihre Appellverfahren sind verschoben worden und stehen noch aus. Die control order für Mahmoud Abu Rideh war im März 2006 erneuert worden.

Alle diesen Personen, denen die Abschiebung droht, sind nie mit einer erkennbaren Straftat angeklagt und vor einen unabhängigen Richter geführt worden. Die britische Regierung hat bisher keinen für ihre mehr als vier Jahre währende Haft unter der control order und für die psychischen und physischen Schäden in der Folge entschädigt.

Am 7. Juni veröffentlichte der schweizer Senator Dick Marty (Rapporteur des Komitees für rechtliche Angelegenheiten und für Menschenrechte in der Parlamentsversammlung des Europarats) einen Report: "Vermutete geheime Hafthaltungen und zwischenstaatliche Überstellungen unter Beteiligung von Mitgliedsstaaten des Europa-Rates" Darin werden die beiden bereits erwähnten Guantánamo-Insassen, Bisher-al-Rawi und Jamil Al-Banna, genannt, sowie Benyam Al-Habashi, in dessen Befragung unter Folter in Marokko die britische Regierung impliziert ist; sie lieferte an die marokkanischen Behörden Informationen zum Verhör.

Im Falle von Bisher-al-Rawi und Jamil Al-Banna urteilte am 4. Mai das britische Hohe Gericht, dass die britische Regierung nicht verpflichtet sei, sich um ihre Freilassung zu bemühen. Ein Appell gegen dieses Urteil war für Ende Juli angesetzt. Die Verwicklung von britischen Behörden (des Geheimdienstes und des Sicherheitsdienstes) im Auslieferungsprozess von Gambia in die USA wurde im Prozess ausführlich dokumentiert (Die Dokumente kamen von einem Mitglied des britischen Sicherheitsdienstes, der "A" genannt wird).

Die britische Regierung hat als Koalitionsmacht Anteil an der Internierung von Personen im Irak, denen keine Anklage gewährt wurde und kein ordentliches promptes Gerichtsverfahren. 2005 waren dies mindestens 10 000 Personen. Ende Oktober 2005 waren 33 Personen direkt unter britischem Gewahrsam. So ist seit Oktober 2004 unter Anderen Ali al-Jedda weiterhin interniert, ohne Anklage und Gerichtsverfahren. Sein Appell dagegen wurde im März 2006 vom Appell-Gerichtshof von England und Wales abgeschlagen.



Der nächste Schritt ist: Handeln

Um mehr zu lernen, und um Briefe zu schreiben für Opfer von willkürlicher Gewalt und gegen Unrecht und Vergessen, melden Sie sich bitte bei Amnesty International. Sagen Sie, wenn sie konkret für Menschenrechtsopfer in Großbritannien schreiben wollen. Ihre Hilfe wird gebraucht. Warum nicht heute Mitglied werden?

Links zu diesem Beitrag:
Deutschsprachige Dokumente
Jahresbericht 2005

Benyam Mohammed Al-Habashi

Englischsprachige Dokumente
07/09/2006
United Kingdom: Amnesty International's concerns on delaying Jean Charles de Menezes inquest
06/09/2006
United Kingdom: The Killing of Jean Charles de Menezes
24/08/2006
United Kingdom: Algerian national security deportation an affront to justice and a green light to torture
14/06/2006
Europe: Partners in crime: Europe's role in US renditions
14/06/2006
UK: Justice denied for British survivors tortured in Saudi Arabia: A major leap backwards in the fight against impunity

Are you afraid of flying?

Dokumente, die nicht von Amnesty International sind:
Der Dick Marty Report

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